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Einführung
Zur Balkanroute
Seit letztem Jahr kommen hunderttausende Geflüchtete über die Balkanroute nach Europa. Sie fliehen vor Krieg, Gewalt, Perspektivlosigkeit. Zu Beginn der großen Migrationsbewegung hielten sich die Staaten und großen NGOs fast komplett zurück. Private Freiwillige und Gruppen übernahmen oftmals die Versorgung und Unterstützung der Geflüchteten. Ohne deren Engagement wäre die Zahl der Todesopfer auf der Balkanroute unter den Geflüchteten wohl wesentlich höher. Seit Herbst letzten Jahres hat sich die Situation jedoch im nördlichen Teil der Route verändert.
In Österreich, Slowenien und Kroatien kontrollieren Staaten und NGOs die Durchreise und Versorgung der Geflüchteten. Auf der einen Seite bedeutet es für die Geflüchteten zwar Sicherheit und einen schnelleren Transport. Auf der anderen Seite wirkt das Verhalten der Staaten und NGOs stark autoritär. Die Menschen werden vom Rest der Bevölkerung abgeschirmt und so schnell wie möglich, fast wie abzuliefernde Waren, weitertransportiert. Viele Freiwillige lehnen es mittlerweile ab dort zu arbeiten. Sie denken, auf diese Weise sei keine solidarische und freiheitliche Unterstützung mehr für die Geflüchteten möglich. Aus ihrer Sicht gibt es für Staaten und NGOs oft eine klare Grenze zwischen „den Helfenden“ und „den Bedürftigen“. Unabhängige Volunteers versuchen diese Grenze zu durchbrechen und den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Das wird allerdings schwer, wenn Polizisten bewaffnet und maskiert und die Menschen hinter Gittern einquartiert sind. Viele Freiwillige empfinden den Umgang der Staaten und NGOs mit den Geflüchteten bevormundend und überheblich.
Idomeni
In Idomeni ist die Lage noch anders. Die griechische Regierung versucht zwar die Geflüchteten in Militärcamps unterzubringen, da diese aber eher Gefängnissen ähneln und die Versorgung als besonders schlecht gilt, verzichten die Geflüchteten darauf. Sie entscheiden sich zum Großteil direkt an die mazedonische Grenze nahe dem griechischem Dorf Idomeni zu gehen. Aus dem ursprünglich für maximal 3.000 Menschen geplanten Lager hat sich eine Zeltstadt für mindestens 12.000 Personen entwickelt. Die Bedingungen sind katastrophal. Das einzig Positive ist, dass Freiwillige in dem nicht offiziellen Camp noch solidarische Unterstützung leisten und Journalist*innen frei berichten können.
Es ist ein merkwürdiges Gefühl, sich auf einem der wohlhabendsten Kontinenten dieser Welt zu befinden und zusehen zu müssen, wie sich hier Menschen um Essen streiten. Es bestürzt mich zu erleben, wie Europa Angst vor Menschen schürt, die auf der Suche nach Frieden und Freiheit sind. Seit Jahrhunderten bedient sich dieser Kontinent an allem, was dieser Planet hergibt und teilt ihn unter sich auf. Kommen jetzt Menschen hierher, die in Not sind und Hilfe brauchen, unterstütz er sie nicht uneingeschränkt, sondern betrachtet sie als Bedrohung. Das beschämt mich. Bei allen Touren habe ich offene und freundliche Menschen kennengelernt und intensive Begegnungen erlebt, die ich nie wieder vergessen werde. Diese Menschen haben es nicht verdient als „Barbaren“, „Terroristen“ oder „Vergewaltiger“ beleidigt zu werden. Sie haben einen fairen und solidarischen Umgang, wie alle anderen Menschen auch, verdient.