Europas Abschottung ist falsch

Geschlossene Grenzen bringen Menschen nicht dazu, dass sie ihre Flucht beenden, sondern dass sie neue und gefährlichere Wege suchen. Abschottungspolitik ist nicht nur ungerecht, sie verursacht Leid und Tod.

„[Wir feiern] in fünf verschiedenen Fernsehsendungen Weiße, die ohne guten Grund und ohne Kultur- oder Sprachkenntnisse in andere Länder gehen, weil sie sich davon mehr Wohlstand und ein glücklicheres Leben erhoffen. ‚Auswanderer’ und ‚Abenteurer’ nennen wir die dann und sind von ihrem Mut fasziniert. Sind sie aber Schwarz oder Afrikaner, sind Leute mit genau demselben Verhalten für uns plötzlich ‚Wirtschaftsflüchtlinge’ und ‚naiv’ und werden nicht als Helden oder mutig sondern als Bedrohung empfunden und dementsprechend behandelt. Und wir denken uns nicht einmal etwas dabei.“
– Noah Sow (Deutschland Schwarz Weiß)

1000 Wege

Seit Beginn der Migrationsbewegung hat sich der Weg mehrfach durch Europa geändert. Für den Fall, dass Mazedonien nachhaltig seine Grenze schließt, könnte Albanien das nächste Transitland für die Migrant*innen werden. Wegen der starken Korruption und Kriminalität dort gilt diese Möglichkeit als besonders gefährlich. Sollte der Weg über Bosnien, bzw. Kroatien versperrt sein, wären die Menschen sogar gezwungen, es über mit Booten über die Adria nach Italien zu versuchen. Nicht auszudenken, wieviele Tote es dort zu beklagen gäbe. Sogar über Russland nach Norwegen findet Migration statt. Es ist eine Illusion einen Kontinent vor Migration komplett abriegeln zu können. Menschen werden immer neue Wege finden weiterzukommen, denn was sie antreibt ist ein Menschenrecht und entfaltete eine besondere Kraft: das Streben nach persönlichem Glück und der bestmöglichsten individuellen Entfaltung.

Rückkehr unmöglich

Die Menschen auf der Balkanroute haben meist gar keine Möglichkeit, in ihre Heimatländer zurückzukehren. Um zu überleben, sind sie zur Migration gezwungen. In jedem Gespräch mit den geflüchteten Menschen bekommt man die Antwort, dass niemand eine Alternative besitzt, als weiterzugehen. Krieg, extreme Armut, Gewalt – diese Umstände machen eine Rückkehr unmöglich. Und es ist offensichtlich, dass sich für die meisten kein Traum erfüllt nach Europa zu gehen. Es ist eine Notwendigkeit, um den Gefahren zu entkommen.

Das Ziel der Abschottungspolitik besteht nun darin, eine Flucht gefährlicher zu machen, als die Umstände, vor denen man flieht. Das ist unmenschlich und jedem Menschen sollte klar sein, dass so keine Politik aussehen kann, die auf Moral basiert. So sieht eine von Vorurteilen, Ängsten und Hass geprägte Politik aus, die Menschenleben in Kauf nimmt.

Mut zur Vision

Nur selten entwickelt jemand in der Öffentlichkeit Visionen einer zukünftigen Migration. Nur selten hat jemand die Courage von einer Welt ohne Grenzen zu reden. Vor 100 Jahren war es noch undenkbar, dass in Europa einmal die Schlagbäume fallen würden. Warum sollten sie nicht weltweit irgendwann mal auf dem Schrottplatz der Geschichte landen?

Wenn man die Überzeugung zugrunde legt, dass alle Menschen mit gleichen Rechten ausgestattet sind, gibt es gar keine andere Möglichkeit, als sich für eine globale Freizügigkeit einzusetzen. Mit welcher Begründung will man durchsetzen, dass Menschen an den wegen ihrer Geburt unterschiedlichen Möglichkeiten im Leben nichts ändern dürfen? Dass jemand in einem Land mit einer schlechten Schulbildung nicht in eines gehen darf, in dem sein Kind bessere Chancen besitzt?

Es ist an der Zeit die Welt als Ganzes zu denken. Menschen sind aus meiner Perspektive kein Teil von konstruierten Gemeinschaften, die wir „Nation“ oder „Volk“ nennen. Sie sind Individuen, die sich gleichberechtigt begegnen können sollten. Ich finde, es ist an der Zeit, sich laut dafür einzusetzen.